
Walzen der Fläche durch die breiten Reifen des Traktors | © DGV/Petra Himmel
Von Petra Himmel
Das Projekt wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums. Dr. Rojas-Botero koordiniert als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Renaturierungsökologie der TU München unter Leitung von Prof. Dr. Johannes Kollmann einen Teil der Prozesse des sechsjährigen Forschungsprojektes, an dem auch die Universitäten Freiburg, Münster und Kiel beteiligt sind. Die Ziele des Projekts GolfBiodivers sind Aufwertung, Monitoring und Kommunikation der Biodiversität auf Golfanlagen.
Gerade sind die Maßnahmen auf den Flächen der insgesamt 16 Golfanlagen, die an der ersten Phase des Projektes zur Förderung der Artenvielfalt auf Golfplätzen teilnehmen, komplex. Sie setzt sich zusammen aus der Auswahl der relevanten Flächen, der Bestimmung des regional optimalen Saatgutes, der richtigen Vorbereitung des Bodens und fachgerechten Durchführung der Einsaat. Ein jeder der Schritte kann dabei keineswegs allein von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durchgeführt werden, sondern beinhaltet die Kooperation mit der Golfanlage.

Standard-Prozesse auf allen Golfanlagen
„Auf der einen Seite ist natürlich eine gewisse Standardisierung der Prozesse nötig, um an wissenschaftlich haltbare Aussagen zu gelangen“, erläutert es Dr. Rojas-Botero. Auf jeder der Golfanlagen werden Blühflächen, Wiesenkräuterflächen und hohe Saumflächen entlang von Hecken, Büschen oder Waldrandbereichen angelegt. Auch die Grammzahl des Saatguts pro Quadratmeter ist immer identisch. Für Blühflächen werden jeweils ein Gramm Saatgut, aufgemischt mit zehn Gramm Maisschrot, ausgebracht. Das Saatgut gehört zur Sorte der Lichtkeimer. Es liegt auf der Bodenoberfläche und wird dort festgewalzt. Vor der Einsaat werden alle Flächen sehr tief abgemäht, durchgefräst und nach der Einsaat gewalzt. Auch die digitale Dokumentation der Flächen ist auf allen Anlagen einheitlich.

Individuelle Eigenheiten
Trotz der wissenschaftlich erforderlichen Standardisierung bestehen dennoch wesentliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Golfanlagen. Bodenbeschaffenheiten variieren genauso wie Niederschlagsmengen. „Im Golf- und Land-Club Regensburg haben wir es phasenweise mit sehr großer Trockenheit zu tun“, erläutert die TUM-Mitarbeiterin Claudia Buchhart, „in Erding-Grünbach sind die Niederschlagsmengen deutlich höher.“ Hier ist das Team der TU München schon bei der Auswahl der Aufwertungsflächen auf einen relativ guten Bestand an Artenvielfalt getroffen. „Interessant wird es sein zu sehen, wie sich auf Dauer zum Beispiel Saumflächen entwickeln, die vorher ausschließlich mit Brennnesseln bewachsen waren“, resümiert Buchhart, die gerade mit einem der Greenkeeper der Golfanlage darüber diskutiert, ob sich der Anteil an sogenannter Biomasse im umgebrochenen Boden vielleicht noch verringern lässt. Faktisch handelt es sich um jene Reste des Grünschnitts, die beim Abfräsen nicht mit abgetragen worden sind und jetzt im Erdreich vermischt sind. Das Fazit der Greenkeeper vor Ort: Nein, mit den Pflanzenresten im Boden muss man leben.
Auch der Maschinenpark variiert auf den Golfanlagen. Das Umbrechen des Bodens zum Beispiel, im Falle des GC Erding-Grünbach sind es insgesamt drei Hektar Fläche, findet nicht auf allen Golfanlagen mit den gleichen Fräsen statt. Alternativ kommt eben auch die Egge zum Einsatz. „Man muss einfach versuchen, in Zusammenarbeit mit den Greenkeepern die bestmögliche Variation zu finden“, findet Buchhart. Bis dato, so die Bilanz, laufe das auf den Golfanlagen gut.
Als es ans Walzen der Fläche geht, steigt einer der Greenkeeper im GC Erding-Grünbach in einen Traktor. Die großen Reifen des Fahrzeugs drücken die Flächen glatt, eine spezielle Walze gibt es nicht. Das Projekt GolfBiodivers, das nach sechsjähriger Laufzeit vor allem auch Best-Practice-Beispiele für andere Golfanlagen bieten soll, orientiert sich an den realen Möglichkeiten eines Golfbetriebs, an den verfügbaren Greenkeepern und Maschinen.
Der Golfplatz als Sportplatz muss erhalten bleiben
Im Projekt GolfBiodivers sind zudem die Bedürfnisse der Golferinnen und Golfer von zentraler Bedeutung. Für Michael Kollmair, der als Naturbeauftragter des GC Erding-Grünbach das Projekt Golf Biodivers begleitet, ist das ein extrem wichtiger Aspekt: „Letztendlich geht es hier nicht um die Arbeit auf einer wissenschaftlichen Versuchsfläche, sondern auf einer Sportfläche.“ Diese Sportfläche ist täglich in Benutzung, sodass interessierte Golferinnen und Golfer beispielsweise am Tag der Einsaat im GC Erding-Grünbach auf die mit ihren blauen T-Shirts leicht erkennbaren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU München aufmerksam werden können. „Kommunikation ist alles“, weiß Kollmair. „Unsere Mitglieder ziehen bei diesem Projekt gut mit, wenn sie wissen, was passiert.“
„Wir brauchen die Abstimmung“, weiß auch Dr. Rojas-Botero. Schließlich geht es auch für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darum zu verstehen, wo auf einem Golfplatz Aufwertungsflächen so bestimmt werden können, dass sie den Golfsport nicht behindern. „Bei der Auswahl der Aufwertungsflächen haben wir deshalb durchaus Anpassungen von Clubseite vorgenommen“, resümiert Kollmair. Jetzt sind sie allesamt so gewählt, dass Bälle beim Golfspiel nur dann in den Aufwertungsflächen landen, wenn sie tatsächlich völlig verzogen wurden.“
„Wir wollen ja nicht, dass es zu einem Ballregen auf die Flächen kommt.“
Golfplatz als Lebensraum erlebbar machen
Spannend ist der Ausblick ins nächste Frühjahr. Noch wirken die bearbeiteten Flächen auf dem Erdinger Golfplatz eintönig braun. Das allerdings wird sich früh ändern. Ein Teil der alten bestehenden Pflanzen wird mit dem neuen Saatgut konkurrieren, sobald das Wachstum beginnt. Dabei werden die Rosetten der neu eingesäten Wiesenkräuter zum Beispiel so niedrig sein, dass man die Blätter der alten Gräser oder Brennnesseln im Frühjahr gut abmähen und abtragen kann. Das neue Saatgut erhält so die Möglichkeit, sich gut weiterzuentwickeln. Die Zielsetzung dabei ist klar: „Wir wollen ein dauerhaftes Blütenangebot erreichen“, fasst es Buchhart zusammen. So, dass der Golfplatz abseits von Fairways und Grüns für eine Vielzahl von Pflanzen, Tieren und Insekten zum Lebensraum wird und der Golferinnen und Golfer Artenvielfalt live erleben kann. Eine Win-Win-Situation für alle Seiten.