
Auszeichnung für den Golfclub Rheinhessen | © Golfclub Rheinhessen
Der Golfclub Rheinhessen, dessen Greenkeeping der 62-Jährige seit 1991 leitet, liegt auf der Kuppe des Wißbergs und bietet einen 360-Grad-Ausblick über Weinreben hinunter in die rheinhessische Toskana. Nicht nur Golfer sind hier zuhause, auch viele Tiere und teils seltene Pflanzen. Weil Stegmann und sein Team den Platz schon immer naturnah pflegen und sich zudem im Artenschutz engagieren, ist der Club nun vom Deutschen Golf Verband mit dem Gold-Zertifikat des Programms Golf & Natur ausgezeichnet worden.

„Wir sind hier oben mitten in der freien Natur“, sagt Clubpräsident Bernd-D. Wieth. Begegnungen von Golferinnen und Golfern mit Hasen, Rehen, Wiedehopf oder Rotem Milan seien auf der Golfanlage alltäglich. Seit 2016 nehme der Club am DGV-Programm Golf & Natur teil. „Die Richtlinien des Programms haben uns bestärkt, weil vieles davon für uns vorher schon selbstverständlich war“, berichtet Wieth. Etwa extensiv gepflegte Flächen, Gehölzriegel als Lebensräume oder Blühstreifen für die bedrohten Wildbienen.
Die spektakuläre Berglage des Golfplatzes, die auch viele Gäste anzieht, macht die Pflege allerdings sehr anspruchsvoll. „Wir sind dem Wetter und dem Klima hier besonders stark ausgesetzt“, sagt Headgreenkeeper Stegmann. Der immer präsente Wind trockne den Platz schnell aus. Der Kalkmergelboden sei zwar gut für den umliegenden Weinbau, aber nicht optimal für Rasen, weil der dichte Untergrund das Wasser nicht gut speichere. Obendrein zählt der Landstrich südlich von Mainz und Bingen zu den trockensten Gegenden Deutschlands. „Diese Herausforderung nehmen wir jeden Tag aufs Neue an und versuchen, unseren Platz für die Zukunft richtig aufzustellen“, sagt Stegmann.
„Der Golfclub Rheinhessen gehört deutschlandweit zu den Vorreitern bei der Wasseraufbereitung“, sagt Andreas Klapproth, Golf & Natur-Auditor für den DGV. Mit einer Umkehrosmoseanlage macht die Golfanlage das in 60 Metern Tiefe stark salzhaltige Grundwasser für sich nutzbar. Zudem verfügt der Club über große Speicherteiche, um Oberflächenwasser aufzufangen. Eine Maßnahme im Rahmen des Programms Golf & Natur war die Optimierung der Beregnungsanlage, die zukünftig noch effizienter arbeiten soll. Außerdem errichtete der Club für seine Maschinen einen neuen Waschplatz samt Ölabscheider. Zur Qualitätssicherung zählt, dass eine Fachkraft für Arbeitssicherheit den Club inzwischen regelmäßig berät. Auf Bahn 11, einem Par 3, zwischen Abschlag und Grün wurde eine neue Brücke gebaut. Die Erlebniswelt Wißberg mit Naturwanderwegen durch die Weinberge und Infotafeln zur Historie entstand auf Initiative des Golfclubs. Die Gehölze der Anlage werden indes von einer Baumsachverständigen kontrolliert und in ein Kataster aufgenommen, das bereits 2000 Bäume umfasst.
„Seit der Errichtung des Golfplatzes wurden hier etwa 30.000 Bäume und Sträucher angepflanzt“, berichtet Andreas Stegmann. Die Arten seien bewusst an Rheinhessen angepasst, darunter Weißdorn, Wildkirsche, Schlehe, Wildrose und allerlei Streuobstbäume. Mit dem Knabenkraut ist eine seltene Orchideenart in den Roughflächen heimisch geworden. „Einige Pappeln mussten wir leider fällen, weil sie die Trockenheit der vergangenen drei Sommer nicht vertragen haben.“ Nicht nur bei der Wahl neuer Bäume gebe das Klima inzwischen den Ausschlag – auch bei den Rasensorten. „Wir verwenden in Zukunft Gräser, die mit der Trockenheit besser klarkommen“, erklärt Stegmann, der Mitgründer des Greenkeeperverbandes von Deutschland ist. Erste Versuche mit "Warm-Seasons-Gräsern" sollen 2021 beginnen.
Beim Thema Biodiversität erhält der Golfclub Rheinhessen mittlerweile auch Unterstützung von der Technischen Hochschule Bingen. Im Fach Landwirtschaft und Umwelt verfassten Studierende bereits drei wissenschaftliche Arbeiten über Natur- und Artenschutz auf der Golfanlage. Betreut von Professor Michael Rademacher, einem Experten für Ökologie und Biodiversität, entstanden so Veränderungsvorschläge für die Golfplatzpflege, um die Artenvielfalt zu sichern und zu erweitern. „Ein Ratschlag war beispielsweise, nicht alle unsere extensiv gepflegten Wiesen zum selben Zeitpunkt im Jahr runterzumähen, damit den Tieren noch genügend Möglichkeiten zum Überwintern bleiben“, schildert Headgreenkeeper Stegmann. Ein Vorschlag, den seine sechs Kollegen in der Platzpflege und er angenommen haben.
Dass es im Golfclub Rheinhessen allerdings nicht nur idyllisch, sondern auch sehr sportlich zugeht, dafür ist Max Schmitt das beste Beispiel. Der 22-jährige Andernacher aus dem Golf Team Germany ist auf der European Tour und der Challenge Tour unterwegs und auf dem Wißberg golferisch zuhause. Seit Jahren trainiert er mit Headprofessional Jan Pelz an seinem Spiel. Die 18 Bahnen seines Heimatclubs kennt Schmitt in- und auswendig. Natürlich hält der berühmteste Sohn des Clubs den Platzrekord: 62 Schläge.
Einer, der nicht Golf spielte, aber letztlich immer wieder mit Vorliebe in den Golfclub Rheinhessen kam, die besondere Aussicht, das gute Essen und den Wein genoss, war der 2018 verstorbene Bischof von Mainz, Karl Kardinal Lehmann. Eine Bewunderung, die durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte – und mit Blick auf das Bistum noch immer beruht. „Wir veranstalten traditionell jedes Jahr ein Charity-Golfturnier zugunsten des Mainzer Doms“, sagt Clubpräsident Bernd-D. Wieth.
Text: Arne Bensiek